Projekt miniESR:
Bei der Elektronenspinresonanz ESR handelt es sich um eine Gruppe
von Erscheinungen, die folgendermaßen beschreibbar ist: Die
elektronischen Niveaus eines paramagnetischen Systems etwa eines Atoms,
Ions oder Moleküls spalten unter gewissen Bedingungen in einem
Magnetfeld auf. Zwischen je zwei solchen benachbarten Niveaus (~GHz)
können Strahlungsübergänge induziert und als Resonanzabsorption
beobachtet werden. Die Eigenschaften dieser Absorption (Intensität,
Frequenz, spektrale Breite, Absorptionskoeffizient usw.) sind
abhängig vom exteren Magnetfeld, von den individuellen
Eigenschaften des betrachteten Systems und von dessen Umgebung.
Aus den erhaltenen Spektren kann eine Fülle von Informationen
gewonnen werden. Die Empfindlichkeit moderner Spektrometer ist
so hoch, dass Substanzmengen von etwa 10-10 g bei einem
Molekulargewicht von 100 g/mol noch bequem nachweisbar sind *.
Die wesentlichen Anwendungsgebiete sind:
- Untersuchungen zum Atomaufbau der Nebengruppenelemente
- Ermittlung der Konstitution von Molekülen
- Untersuchung des Ablaufes chemischer Reaktionen (Radikal-bildung und Rekombination)
- Ermittlung der Konstitution von Zentren in Festkörpern (Dona-toren, Farbzentren, usw.)
- Untersuchungen an magnetischen Systemen zur Bestimmung des g-Faktors, Relaxationszeiten etc.
- Untersuchung von Strahlungseinflüssen (Fehlstellbildung) und von Strahlenschäden (z.B. in konservierten Lebensmitteln)
- Nachweis geringer Substanzmengen
- Dosierung von Radioaktiv- und Elektronenstrahlen (zur Untersuchung der Abnutzung von Automobilreifen)
- Medizin (z.B. Diagnose des Hautkrebs, Untersuchung von DNA- und Hämoglobinstruktur)
- Pharma-Industrie (z.B. Qualitätsuntersuchungen an den Sonnenschutzmitteln)
- Umweltanalytik: Untersuchung der Waldbeschädigung mit Hilfe der ESR-Spektroskopie an den Pflanzenblättern.
Die konventionelle ESR-Spektroskopie hat sich, trotz ihrer kaum zu übertreffenden Empfindlichkeit, nicht bei industriellen Prozesssteuerungen durchgesetzt. Die derzeitige ESR-Technik ist sehr kostenintensiv uns aufwendig, ihre Spektrometer sind schwer und unhandlich. Die ESR könnte bei Prozesssteuerungen, kontinuierlichen Messungen, der Qualitätskontrolle sowie der Umweltanalytik (in Messstationen) einen wichtigen Platz einnehmen, wenn die derzeitigen wirtschaftlichen und technischen Probleme nicht vorhanden wären.
Ziel des miniESR-Projekts ist es, mithilfe der nichtresonanten Mikrospulentechnik ein kompaktes ESR-Spektrometer zu entwickeln, mit dessen Hilfe eine schnelle und einwandfreie ESR-Spektroskopie möglich wird. Das System soll im Gegensatz zu den handelsüblichen ESR-Spektrometern leicht, portabel und preiswert sein. Die Vorteile der ESR mit Mikrospulentechnik gegenüber den konventionellen ESR-Spektrometern
sind unter anderem:
- Flexibilität: In vielen Untersuchungen ist erwünscht Experimente bei meheren
Frequenzen durchzuführen. Dies ist mit einem einzigen ESR-System konventionellen
Typus nicht realisierbar. Bei dem Mikrospulen-ESR-System ist dagegen Auswahl jeder
beliebigen Mikrowellenfrequenz, sogar Frequenz- anstelle von Feld-Scanning, möglich.
- Schnelligkeit beim Auf- und Umbau.
- Hohe Empfindlichkeit insbesondere für sehr kleine Proben (über 400 facher
Empfindlichkeitssteigerung im Vergleich zu der konventionellen Methode). Diese
Eigenschaft muss besonders hervorgehoben werden, da in vielen Anwendungsbereichen
(z.B. bei der Spurenanalytik) nur eine geringe Menge der zu untersuchenden Probe zur Verfügung steht.
- Niedrige Kosten: Verwendungsmöglichkeit von sehr kleinen bzw. leichten
Elektromagneten von Durchmesser < 3 cm (in konventioneller Methode > 20 cm). Keine
teuren Hohlraumresonatoren und Hohlleiter. Keine erheblichen Probleme bei der
Stromversorgung bzw. Kühlung der Elekt-romagneten, was zur Energieersparnis führt.
Durch die Realisierung eines kommerziellen Mikrospulen-ESR-Spektrometers werden die
Gesamtkosten eines ESR-Spektrometers um mehr als das dreifache reduziert, und zugleich
werden dessen Qualität sowie Experimentier-möglichkeit vervielfacht. Dadurch wird die
ESR nicht mehr ein Monopol der großen Forschungsinstitute bleiben!
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*) Aus "Lehrbuch der Experimentalphysik-Aufbau der Materie", Bergmann-Schaefer, Band IV, S. 541,
Walter der Gruyer (1981).